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Wir stellen die verschiedenen Projektarten ausführlich mit Beispielen aus der Praxis vor

Praxiskontakte

Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir: Wer kennt dieses Sprichwort nicht. Es enthält zwei wichtige Erkenntnisse. Erstens: Schule soll auf das ”eigentliche” Leben außerhalb der Schule vorbereiten. Zweitens: Schule gehört nicht zu diesem “eigentlichen” Leben. Diese Kluft können u.a. Praxiskontakte schließen, vor allem dann, wenn es in Schulen um die Themen „Selbständigkeit“ und „Unternehmertum“ geht. Sie können zum Einstieg in ein Thema, zur Vertiefung oder zur Sicherung von Lerninhalten genutzt werden.

Praxiskontakte öffnen Schule und führen Schülerinnen und Schüler mal mehr, mal weniger - aus dem Schonraum Schule hinaus. Rund um das Thema „Unternehmergeist“ sollen Praxiskontakte mit Unternehmen

  • einen lebendigen Zugang zum Thema „Selbständigkeit“ schaffen;
  • eine Vorstellung davon vermitteln, was es heißt, Unternehmer/in zu sein;
  • Unternehmer/innen als Vorbilder präsentieren;
  • Schülern/-innen ein realistisches Bild vom Unternehmer und seinem Arbeitsalltag vermitteln;
  • Vorurteile gegenüber dem Unternehmertum abbauen;
  • vermitteln, dass mit „Unternehmersein“ sowohl Verantwortung und Risiko als auch Selbstverwirklichung und Erfolg verbunden sind;
  • Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen wecken;
  • unternehmerisches Denken und Handeln fördern;
  • theoretisches Wirtschafts- und Unternehmenswissen konkretisieren;
  • wichtige Querschnittkompetenzen wie z. B. Kreativität, Problemlösungsdenken und Kommunikationsfähigkeit stärken;
  • Schüler/innen dabei unterstützen, sich für einen späteren Beruf zu entscheiden;
  • Kontakte zu möglichen Ausbildungsbetrieben erhalten;
  • die eigene Selbständigkeit als mögliche Berufsperspektive aufzeigen.

Es vier klassische Wege, um Schülerinnen und Schülern Praxiskontakte zu verschaffen:

Betriebsbesichtigung

Betriebsbesichtigungen werden häufig von den beteiligten Unternehmen angeboten und auch organisiert. Daher ist ihr Ablauf oft vorstrukturiert und auch für Gruppen mit unterschiedlichen Anliegen trotzdem gleich. Aus Sicht des Unternehmens, das Besichtigungen anbietet, geht es in diesen Fällen um einen öffentlichkeitswirksamen Auftritt. Die didaktischen Anforderungen der Besuchergruppe spielen dann in aller Regel keine Rolle. Aus Sicht der Lehrkräfte entziehen sich derartige Betriebsbesichtigungen weitgehend einer methodischen Einflussnahme. Das didaktische Potenzial von Betriebsbesichtigungen liegt vor allem in der Informationsbeschaffung. Schülerinnen und Schüler bleiben eher passiv und können - in Grenzen - beobachten, befragen, protokollieren, fotografieren usw. und diese Informationen dann im nachbereitenden Unterricht auswerten. Dieses Potenzial ist umso größer, desto mehr man eine Betriebsbesichtigung mit dem beteiligten Unternehmen vorbereiten und auf die Belange der Lerngruppe zuschneiden kann.

Betriebserkundung

Während bei einer Betriebsbesichtigung die Vermittlung von Informationen durch ein Unternehmen im Mittelpunkt steht, geht es bei einer Betriebserkundung darum, dass Schülerinnen und Schüler sich unternehmerische Wirklichkeit aktiv selbst erschließen. Damit ist die Betriebserkundung anders als die Betriebsbesichtigung ein systematischer und gesteuerter Kontakt mit der betrieblichen Praxis. Ziel einer Betriebserkundung ist dabei nicht, möglichst viele Eindrücke vom betreffenden Unternehmen “mitzunehmen”. Eine Betriebserkundung geht vielmehr von bestimmten Frage- bzw. Problemstellungen aus. Zunächst müssen daher im vorbereitenden Unterricht relevante Frage- und Problemstellungen erarbeitet und Hypothesen zu bestimmten Sachverhalten aufgestellt werden (beim Thema „Unternehmergeist“ z.B. zu den Aufgaben und Tätigkeiten der Unternehmerin/des Unternehmers im Betrieb). Die Betriebserkundung dient dazu, im Rahmen einer mehrstündigen Exkursion den Frage- oder Problemstellungen in der Praxis nachzugehen und die aufgestellten Hypothesen zu überprüfen. Im Vorfeld oder zu Beginn einer Erkundung sollte der Betrieb den Schülerinnen und Schülern kurz vorgestellt werden. Wenn dafür kein Video oder keine Dias zur Verfügung stehen, ist dafür auch ein Handout mit den wesentlichen Informationen ausreichend.

Betriebspraktikum bzw. Unternehmerpraktikum

Anders als bei Betriebsbesichtigung und Betriebserkundung vermitteln Praktika eine intensivere und umfassendere Lernerfahrung: nicht zuletzt deswegen, weil Schülerinnen und Schüler für eine Weile auf sich allein gestellt sind. Ziel eines „klassischen“ Betriebspraktikums ist, die Realitäten beruflicher/betrieblicher Tätigkeiten handelnd zu erfahren und dabei womöglich auch die Bedingungen ihrer späteren Ausbildung kennenzulernen. Dabei können „schulmüde" Jugendliche durch die praktische Erfahrung einen Motivationsschub erhalten. Der Kontakt mit den realen Anforderungen eines Berufs kann ihnen zudem helfen, mögliche Ängste vor der Arbeitswelt abzubauen. Bei einem speziellen Unternehmerpraktikum können Schülerinnen und Schüler eine Unternehmerin oder einen Unternehmer während ihres Arbeitsalltags begleiten: bei Teambesprechungen, Geschäftskontakten oder Vorstellungsgesprächen. Ziel eines Unternehmerpraktikums ist, den Arbeitsalltag einer Unternehmerin oder eines Unternehmers sowie ihre Aufgabenstellungen und Pflichten hautnah zu erleben. Das Praktikum kann je nach verfügbarer Zeit oder Engagement des Unternehmens einen Tag oder auch mehrere Tage dauern.

Expertengespräch

Ein Expertengespräch z.B. mit einer Unternehmerin oder einem Unternehmer - kann in der Schule oder aber auch extern stattfinden, beispielsweise anlässlich einer Betriebserkundung. Unternehmerinnen oder Unternehmer können Schülerinnen und Schülern ein sachkundiges Insider-Wissen zur Unternehmensgründung und führung vermitteln, das auf einem anderen Wege nur sehr schwer oder überhaupt nicht erschließbar wäre. Ein Expertengespräch lässt sich relativ problemlos in den Unterricht einbauen und bringt im Vergleich zur Betriebserkundung üblicherweise wesentlich weniger organisatorischen Aufwand mit sich. Dazu kommt, dass der Besuch oder „Auftritt“ eines solchen Experten im Unterricht die Lernmotivation und die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler erhöhen.

Arbeitshilfen

Vorbereitung von Praxiskontakten

Praxiskontakte wirken nicht von allein. Wichtig ist die systematische Verknüpfung von Theorie und Praxis. Das bedeutet, dass sich Lehrerinnen und Lehrer im Vorfeld (z. B. im Rahmen einer Halbjahresplanung) Gedanken darüber machen müssen, zu welchem Zweck (Einführung in ein Thema, Überprüfung des bereits Gelernten usw.) und zu welchem Zeitpunkt ein Praxiskontakt in das Lerngeschehen eingebaut werden soll, welche Aspekte hierbei im Vordergrund stehen sollen, welche theoretischen Kenntnisse entsprechend zu vermitteln sind, wie die Nachbereitung aussehen muss usw.

Wichtig ist soweit möglich - die zielgerichtete Steuerung von Praxiskontakten. Immerhin: Die Wirklichkeit ist, anders als eine Unterrichtssituation, nicht didaktisch aufbereitet. Das führt erfahrungsgemäß dazu, dass Schülerinnen und Schüler durch die Vielfalt der Eindrücke überfordert sind und schlicht abgelenkt werden. Effekt: Sie beobachten und speichern Dinge, die in keinem Zusammenhang zum gewünschten Erkenntnisgewinn stehen. Um der Beliebigkeit der Wahrnehmungen vorzubeugen, müssen Schülerinnen und Schüler auf alle Praxiskontakte gründlich vorbereitet werden, in erster Linie mit einem Katalog klarer Beobachtungsaufgaben oder festgelegter Fragen an ganz bestimmte Gesprächspartner. Auch die Praxiskontaktpartner müssen vorbereitet sein. Sie müssen vor allem über den Kenntnisstand der Schülerinnen und Schüler informiert sein, weil diese ansonsten Eindrücke oder Aussagen von Experten nicht erfassen können.

Nachbereitung von Praxiskontakten

Hier geht es zunächst einmal darum, die „Ernte einzufahren“: Was konnten die Schülerinnen und Schüler aus den Praxiskontakten “mitnehmen”? Zentrale Fragen im Themenkreis „Unternehmergeist“ sind:

  • Welche Erfahrungen haben sie gemacht?
  • Welche Informationen haben sie erhalten?
  • Wie passen diese Informationen und Erfahrungen in den bisherigen Unterricht?
  • Was bedeuten sie für die Fortführung des Unterrichts?
  • Welche wirtschaftlichen Zusammenhänge haben sie erkannt?
  • Welches Unternehmerbild hatten die Schülerinnen und Schüler zuvor, welches haben sie danach?
  • Wie sind ihnen die Bedeutung unternehmerischen Entscheidens, die damit verbundenen Risiken und die Verantwortung eines Unternehmers deutlich geworden?
  • Warum ist das Unternehmersein für sie ein mögliches Berufsziel? Warum nicht?

Organisation von Praxiskontakten

Falls Lehrerinnen oder Lehrer keine Unternehmen im regionalen Umfeld kennen: Kontakte zu Unternehmerinnen oder Unternehmern können die Industrie- und Handelskammern (Industrie, Handel, Dienstleistungen) oder Handwerkskammern (Handwerk) vor Ort herstellen. Sie können auch bei der Suche nach passenden Referenten für bestimmte Themen oder Problemstellungen helfen. Hier können langfristige Kooperationsvereinbarungen mit externen Partnern (z.B. einzelne Unternehmen, Verband, IHK) sinnvoll sein. Kontakte stellen z.B. auch Infotage der Berufskollegs her.

Quelle: Praxiskontakte - Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft. Braunschweig 2005.

Unternehmer als positive Rollenvorbilder

Um Jugendliche für die Themen Unternehmertum, Selbständigkeit und Existenzgründung zu sensibilisieren, können Schulen „echte“ Unternehmer/innen zu Fragerunden einladen. Mit dem Projekt „Schülerinnen begegnen Unternehmerinnen und Schüler begegnen Unternehmern“ hat das BMWK gemeinsam mit dem Projektträger, dem Steinbeis-Innovationszentrum Unternehmensentwicklung an der Hochschule Pforzheim, sehr gute Erfahrungen gemacht. Im Rahmen diese Projektes wurde eine Unternehmer-Datenbank aufgebaut. Alle Unternehmer/innen, die sich in dieser Datenbank befinden, haben bereits an Unternehmergesprächen teilgenommen bzw. sich dazu bereit erklärt, für solche Unternehmergespräche mit interessierten Schulen zur Verfügung zu stehen.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass solche Begegnungen nur dann ein Gewinn für beide Seiten sind, wenn die Schülerinnen und Schüler sich gut auf diese Veranstaltung vorbereiten. Dafür wurde das Handbuch Wegweiser Unternehmergespräche (PDF, 951 KB) erarbeitet, das von den Schulen für die Vorbereitung genutzt werden sollte. Vor allem ist es wichtig, dass seitens der Schulen die Fragen an die Unternehmerin und den Unternehmer erarbeitet werden – nur so kann eine lebendige Veranstaltung gelingen.

Diese Realbegegnungen mit Unternehmerinnen und Unternehmern ermöglichen den Austausch mit positiven Rollenvorbildern. Interessenten können sich aus der Datenbank eine interessante Unternehmerin sowie einen spannenden Unternehmer aus ihrer Umgebung aussuchen, diese direkt über das Kontaktfeld kontaktieren und für zwei Schulstunden zu sich in die Schule einladen. Nach einer gemeinsamen Begrüßung gehen die Mädchen mit der Unternehmerin in einen Raum und stellen ihre vorbereiteten Fragen, die Jungs analog dazu mit dem männlichen Gast. Am Ende werden die Erfahrungen beider Gespräche nochmals in einer kurzen gemeinsamen Feedback-Runde rekapituliert.

Die Vorteile: Die Schulen ersparen sich aufwändige Recherche- und Akquise-Arbeit und können auf Unternehmer zurückgreifen, die positive Rollenvorbilder sind und die teilnehmenden Schüler nachhaltig beeindrucken konnten.

Bei Fragen zum Projekt steht der Projektträger, das Steinbeis-Innovationszentrum Unternehmensentwicklung an der Hochschule Pforzheim, per E-Mail zur Verfügung – hier wird Ihnen gerne auch mit Tipps und Erfahrungen aus der Praxis weitergeholfen.

Publikationen

Internetportal „Unternehmergeist in die Schulen“

Hier finden Sie eine Auswahl von Hilfen für Praxiskontakte:

Unternehmensbeschreibung im Rahmen einer Betriebserkundung

Schülerhinweise für eine Betriebserkundung

GründerKlasse 3: Praxiskontakte mit der Wirtschaft

Praxiskontakte können die Kluft zwischen Schule und dem „eigentlichen“ Leben schließen. Rund um das Thema „Unternehmergeist“ sollen Praxiskontakte mit Unternehmen einen lebendigen Zugang zum Thema „Selbständigkeit“ schaffen, eine Vorstellung davon vermitteln, was es heißt, Unternehmer/-in zu sein, unternehmerisches Denken und Handeln fördern, theoretisches Wirtschafts- und Unternehmenswissen konkretisieren und nicht zuletzt Kontakte zu möglichen Ausbildungsbetrieben vermitteln. Dazu hilft die GründerKlasse 3 durch:

  • Organisation von Praxiskontakten
  • Betriebsbesichtigung, Betriebserkundung, Unternehmergespräch
  • Betriebserkundung: Praxistipps
  • Betriebserkundung: Schülerhinweise
  • Unternehmensbeschreibung
  • Unternehmerbeobachtung
  • Unternehmerbefragung
  • Unternehmertyp: Ja oder nein?
  • Unternehmen und Umfeld
  • Initiativen, die Praxiskontakte vermitteln (Auswahl)

GründerKlasse 3: Praxiskontakte mit der Wirtschaft

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