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Aus der Praxis

Schülerfirma UniqueNature: „Wir haben Gründungsluft geschnuppert“

Gut für die Landwirtschaft, gut für die Umwelt: Die Schülerfirma „UniqueNature“ von der John-F.-Kennedy-Schule in Esslingen entwickelt ein prämiertes Konzept für eine plastikfreie und recyclebare Agrarfolie.

Schülerfirma UniqueNature von der John-F.-Kenndy-Schule mit dem Startup Teens-Award

© Tobias Schneckenburger/John-F.-Kennedy-Schule

Als Abdeckung hält sie die Beete in der Agrarwirtschaft warm, schädigt aber nicht die Böden, sondern setzt bei ihrer Zersetzung sogar Nährstoffe und Mineralien frei. Ein voller Erfolg! Zurecht: Die in allen Projektphasen fünf mit Schülerin Adisa Krasniqi, später vier verblienenen Schülerinnen und Schüler Laura Ihring, 18, Tim Langer, 19, Gentiana Beka, 19 und Hannah Wipfler, 19, der John-F.-Kennedy-Schule haben ihr Abitur im Frühsommer 2023 bestanden und können stolz auf ihre Erfolge in 2022 zurückblicken: Die Idee für ihre plastikfreie Agrarfolie erhielt den 3. Platz beim Deutschen Gründerpreis, den mit 10.000 Euro dotierten 1. Platz beim Wettbewerb STARTUP TEENS in der Kategorie Sustainability & Diversity und nicht zuletzt wurde ihr Geschäftsmodell bei „Top Start-ups in der Schule“ des Initiativkreises „Unternehmergeist in die Schulen“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in Berlin ausgezeichnet.

Gegen die Umweltverschmutzung durch Mikroplastik 

Es fing alles in einem Seminarkurs mit dem Willen an, etwas gegen die Umweltverschmutzung durch Plastik und vor allem Mikroplastik zu unternehmen. Laura Ihring hatte bereits im Unterricht von der Plastikproblematik erfahren. Nach einem Sturm sah das Team auf den Feldern überall die Plastikfetzen herumfliegen – und sie hatten eine Idee. Tim Langer erinnert sich: „Für einen Wärmeerhaltungseffekt wird fast überall Plastikfolie auf die Felder gelegt, damit die Pflanzen schneller wachsen. Mittlerweile ist das ein Muß für jeden Landwirt. Unser Ansatz war, nicht nur den Kreislauf von neuer Müllproduktion enden lassen, sondern alles wieder in die Natur zurückzugeben, ohne Rückstände im Kreislauf zu lassen.“

Eine selbstabbauende Folie, die Mineralien abbaut

Unter Coach Tobias Schneckenburger wurde die Schülerfirma UniqueNature gegründet. Mit der Ideenfindung ging es bereits im September 2021 los, intensiv am Konzept wurde dann von Januar bis Mai 2022 gefeilt. Der Ansatz: Die Folie ist selbstabbauend und enthält als Zusatz Mineralien, die, während sich die Folie abbaut, langsam ohne Überdüngung vom Boden aufgenommen werden. Hier wollte das Team auf bestehende Materialien, wie etwa Maisstärke, zurückgreifen, sowie neue Materialansätze integrieren: Das wäre etwa ein Afbau auf Proteinketten wie Polypeptide, Polyamiden und deren jeweiligen sogenannten Seitenketten auf. In den Seitenketten befinden sich dann die Nährstoffe wie Stickstoff, Phosphor, Kalium, Magnesium, Kalzium, Schwefel, Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff, welche den Boden fruchtbarer machen. Die Auflösung dieser Folie sollte in den vier bis sechs Monaten einer Anbauperiode vonstatte gehen.

Die Vier kannten sich bereits und ergänzten sich gut – die Schülerfirma war geboren. Doch von Chemie hatte keine und keiner eine Ahnung. Laura: „Es war für uns relativ schwierig, uns dem Thema anzunähern. Das bedeutete zum Großteil einlesen, verstehen und nachfragen bei den Chemie- und Bio-Lehrkräften. Für die sachlichen und fachlichen Informationen haben wir die Uni Hohenheim und die Uni Heidelberg per E-Mail angeschrieben und mit den fachlichen Leitern telefoniert.“

Nach dem Prinzip „Try and Error“

Das Konzept kristallisierte sich nach und nach heraus, nach dem Prinzip „Try and Error“ – mit langen, fast täglichen Video-Konferenzen in der knappen Freizeit der Schülerinnen und Schüler. Tim: „Wir hatten eine konstante Feedback-Schleife innerhalb des Teams, aber gleichzeitig auch das Feedback und die Erfahrung von unserem Lehrer Herr Schneckenburger.“ Dabei brachte jedes Team-Mitglied seine Stärken ein. Hannah: „Tim ist ein gutes Kommunikationstalent. Das heisst, er hat meistens die Präsentationen übernommen. Laura war unser kreatives Gehirn, hat aber auch bei der Überarbeitung der letzten Ausgaben mitgeholfen. Gentiana war hauptsächlich für die Finanzen verantwortlich, hat sich etwa auch über Rechtsformen informiert und auch nochmal über alles geschaut.“ Die Zusammenarbeit war nicht immer einfach, aber das Team hielt zusammen. „Wenn einer von uns einen Durchhänger hatte, dann haben die anderen dafür doppelt so viel gearbeitet. Schlußendlich haben wir uns zusammengerissen und gemeinsam entwickelt“, sagt Hannah.

„Macht jeden Fehler, das bringt das Projekt voran“

Was haben UniqueNature für das nächste Mal gelernt? Früher anfangen und von Beginn an kalkulieren, ob die Zeit für so ein Projekt überhaupt gegeben ist, sagen sie. Jeden Fehler zu machen war wichtig und wesentlich und hat das Projekt vorangebracht. Im Fokus steht das Thema Umwelt für alle Vier nach wie vor. Das Fazit des Teams ist positiv. Tim: „Wir haben Gründungsluft geschnuppert. Jede und jeder von uns hat schonmal davon geträumt, in einem Büro zu sitzen und mit Mitarbeitenden an einem coolen Projekt zu arbeiten.“ Was rät das Team der nächsten Schülerfirma? „Glaubt an euch und an euer Projekt. Das klingt zwar erstmal einfach. Es werden euch aber so viele Probleme und Hindernisse auffallen, dass ihr auch wirklich hinter eurem Projekt stehen müsst.“

Auch wenn die Vier das Abitur – und auch ihre Schülerfirma – fürs Erste hinter sich gelassen haben, das Preisgeld von 10.000 Euro durch den STARTUP TEENS-Wettbewerb ist bereits gut angelegt: Ein Teil ging an die Schule, ein Teil an die Siegenden, einen Teil hat das Team für ein mögliches Unternehmen in der Zukunft zurückgelegt. Vielleicht wird die umweltschonende Folie ja doch noch in die Realität umgesetzt.