Inhalt

Aus der Praxis

Vor allem auch Führungsverantwortung.

Interview mit Sonja Leukefeld, Schulleiterin am Theodor-Heuss-Gymnasium in Waltrop, zu unternehmerischen Aufgaben von Schulleitungen.

Frau Leukefeld, Sie waren lange Jahre Lehrerin, jetzt sind Sie Schulleiterin. Eine ganz andere Aufgabe. Wie waren Sie darauf vorbereitet?

Ich habe eine Schulleitungsqualifizierung durchlaufen. Das ist neu. Die geht über ein Jahr. Die zu absolvieren, ist Voraussetzung dafür, einen Leitungsposten zu bekommen. Und die mit einer bestimmten Note bestanden zu haben, ist ein wichtiges Entscheidungskriterium für die Bewerbung hinterher. Ansonsten habe ich mich privat immer in systemischer Führung fortgebildet. Auch als Lehrerin habe ich schon Leitungsaufgaben an meiner Schule übernommen, als Erprobungsstufenkoordinatorin und damit als Mitglied der erweiterten Schulleitung. Ja, und nicht zu vergessen: Wenn man Familie und Beruf unter einen Hut bekommt, dann lernt man ganz viel auch an Organisation und Stressresistenz. Und das hilft einem dann auch für die Schulleitung weiter.

Welches waren denn typische unternehmerische Herausforderungen, mit denen Sie als Schulleiterin dann konfrontiert waren?

Erst mal natürlich die hohe Komplexität meiner Aufgaben, und dann auch, zunächst einmal dafür zu sorgen, dass das Kollegium, die Schüler und die Eltern auch bereit sind, mich in meiner Führungsrolle zu akzeptieren und mich auch führen zu lassen.

Wie haben Sie das geschafft?

In erster Linie durch ganz viel Kommunikation. Zum Beispiel habe ich mit allen Kollegen im ersten halben Jahr ein Gespräch geführt, um herauszufinden, welche Lösungen sie schon für bestimmte Probleme gefunden haben, die wir übernehmen und anerkennen können. Ich habe auch mit den Eltern intensive Gespräche geführt und versucht, zu den Schülern Kontakt aufzubauen und Begegnungen zu schaffen.

Welchen unternehmerischen Zweck hatte das für Sie, Ihre Position als Leitung zu legitimieren?

Für mich heißt unternehmerisches Handeln auch Führungshandeln und Führungsverantwortung. Und das bedeutet eben, die Menschen mitzunehmen und zu führen und dabei ganz klar in meiner Rolle zu sein. Darauf habe ich am Anfang sehr großen Wert gelegt. Und eine zweite Sache ist natürlich auch zu schauen, welches Potenzial diese Schule hat. Wo sind die Leistungsträger? Wo sind Talente? Wie lässt sich das Potenzial ausschöpfen und weiterentwickeln? Wo gibt es noch Dinge, die geändert werden müssen, weil sie vielleicht auch Entwicklungen verhindern? Das habe ich im ersten Jahr ganz stark in den Blick genommen.

Haben Sie mal ein Beispiel?

Die Qualität von Unterricht ist sehr, sehr wichtig. Das ist aber ein schwieriges Geschäft, das muss man ganz klar sagen. Vor allem, weil wir ja jetzt erst mal mit den Menschen arbeiten, die da sind. Und die haben eine bestimmte Fächerkombination, und eine Schule hat natürlich einen bestimmten Grundbedarf an Unterrichtsfächern, die abgedeckt werden müssen. Zuweilen ist es in Schule so, dass beides nicht so übereinstimmt. Das heißt, man hat Ungleichgewichte in der Verteilung der Fächer, was wieder dafür sorgt, dass sogenannte Mangelfächer entstehen. Und das gut in den Griff zu kriegen, ist eine große Herausforderung. Darüber hinaus muss ich überhaupt für das Stattfinden von Unterricht sorgen. Darum setzen wir uns sehr dafür ein, Kollegen an unsere Schule zu bekommen, die gegebenenfalls Vertretungen übernehmen können, wenn Kollegen ausfallen oder erkranken.

Wie können Sie als Leitung noch auf die Qualität des Unterrichts Einfluss nehmen?

Beispielsweise durch Unterrichtsbesuche und Gespräche mit den Kollegen und die Vernetzung der Kollegen untereinander. Das habe ich auch in der Vergangenheit immer sehr positiv erlebt. Oder durch intensiven Kontakt mit den Fachschaften. Wenn die Fachlehrer gut zusammenarbeiten, gemeinsam auch Unterrichtsreihen entwickeln, parallel arbeiten, dann profitiert die Qualität sehr davon. Man könnte ja sagen, das Jahr beginnt und die Fachschaften treffen sich irgendwann und haben irgendein Thema, das sie behandeln. Aber man kann das natürlich auch steuern, indem man sagt, so, wir haben hier bestimmte Zeiträume, da treffen sich die Fachschaften, und sie haben ein Jahresthema, mit dem wir uns auseinandersetzen.

Wie sieht es mit verwalterischen Aufgaben aus?

Großes Thema. Zum Beispiel Abläufe vereinheitlichen. Wenn sich Abläufe ständig ändern oder unklar sind, dann ist ja jeder Mitarbeiter nur damit beschäftigt, irgendwie zu gucken, was er wann zu tun hat. Wenn es ganz klare Organisationsstrukturen gibt, dann erleichtert das die Arbeit einfach sehr. Die Kollegen müssen sich um viele Dinge nicht mehr dreimal kümmern, sondern es gibt ganz klare Abläufe. Und das hilft ihnen, ihre Zeit für das zu investieren, wofür sie hier sind: nämlich guten Unterricht zu machen

Wer unterstützt Sie eigentlich bei dieser Aufgabe? Machen Sie das alles allein?

Von Anfang an meine Stellvertreterin. Wir arbeiten sehr konstruktiv und auch sehr vertrauensvoll zusammen. Und das ist ganz wichtig, weil ich mich als Leiterin so auch austauschen kann. Das ist der deutliche Unterschied zum Lehrersein davor. Wenn ich als Lehrerin ein Problem hatte, bin ich zu den Kollegen ins Lehrerzimmer gegangen und habe das kommuniziert. Das geht jetzt definitiv nicht mehr. Und da spielt ein guter Teampartner eine ganz entscheidende Rolle. Was ich auch als sehr hilfreich empfunden habe, war, viel mit Menschen, die auch leitende Funktionen in den unterschiedlichsten Bereichen haben, zu sprechen, um auf mich in meiner Rolle zurechtzufinden.

Sie blicken ja auf ein Jahr zurück. Hätten Sie irgendetwas anders gemacht im Nachhinein?

Ja, eines. Ich würde von Anfang mehr Mut zur Offenheit haben. Ich war einfach sehr zurückhaltend und wollte nicht sofort mit meinem Plan kommen und sagen: So, das ist der Plan, jeder muss das und das dazu beitragen. Ich habe viele Einzelgespräche geführt und diesen Plan nicht gleich auf den Tisch gelegt. Und diesen Mut, von Anfang an mit offenen Karten zu spielen und zu sagen, in diese Richtung soll es gehen, das würde ich beim nächsten Mal anders machen. So, wie ich vorgegangen bin, habe ich natürlich gewisse Irritationen an der einen oder anderen Stelle erzeugt, gerade im ersten Halbjahr, weil meine scheinbare Untätigkeit eben fehlgedeutet wurde. Ich sage mal: Die Energie, die mir das dann abverlangt hat, hätte ich an anderer Stelle gut gebrauchen können. Aber na ja: So ist das eben mit den Erfahrungen, die man sammeln muss.