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Aus der Praxis

Einen jungen Menschen auf diesem Entwicklungsweg begleiten zu können, ist meine größte Motivation.

Petra Priestersbach ist seit 5 Jahren an der Integrierten Gesamtschule Morbach als außerschulische Fachkraft tätig. Hier betreut sie Entrepreneurship Education-Projekte (JUNIOR – Wirtschaft erleben) und aktuell zwei Schülerfirmen mit Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 7 bis 10, die diese Angebote als freiwillige und außerlehrplanmäßige Arbeitsgemeinschaft wahrnehmen.

Das Gespräch mit Petra Priestersbach wurde vom RKW Kompetenzzentrum durchgeführt.

Wie definiert sich Ihre Rolle im schulischen Kontext?

Als außerschulische Mitarbeiterin bin ich weder an feste schulische Strukturen gehalten, noch habe ich einen Lehrplan. Dadurch habe ich natürlich andere Möglichkeiten als die Lehrerinnen und Lehrern und kann ganz individuell auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler eingehen. Dabei habe ich die volle Unterstützung der Schulleitung. Das bietet die Chance, dass die Schülerinnen und Schüler sich bereits während der Schulzeit in den Projekten auf neue Bereiche des selbständigen Handelns einlassen können. Mir kommt da natürlich meine berufliche Vergangenheit in der freien Wirtschaft sehr entgegen, das sehe ich als Mehrgewinn.

Was zeichnet Entrepreneurship Education-Maßnahmen Ihrer Meinung nach aus?

Ich bin der festen Überzeugung, dass man mit der Sensibilisierung des Unternehmergeistes nicht früh genug beginnen kann. Die Grundlagen und Voraussetzungen für die spätere berufliche Entwicklung sollten bereits in jungen Jahren angelegt werden. Wenn es uns als Schule gelingt, mit ganzheitlicher Bildung den Schülerinnen und Schüler unternehmerisches Denken und Handeln nahezubringen, den Unternehmergeist zu wecken und sie dadurch darauf vorbereiten, unternehmerisch tätig zu werden, dann denke ich haben wir unsere Hausaufgaben gemacht.

Die Teilnahme an den Entrepreneurship Education-Projekten ist freiwillig. Wie schaffen Sie es, Ihre Schülerinnen und Schüler dabei zu motivieren?

Motiviert werden die Jugendlichen durch Teilnahmen an Wettbewerben, Verkaufsmärkten, Schulfirmenmessen, Workshops und Veranstaltungen im Rahmen der Gründerwoche Deutschland. Man kann mal beim Wettbewerb gewinnen, man kann auch mal nicht gewinnen, aber dann ist es vielleicht stattdessen die Schulfirmenmesse, die den Blickwinkel verändert und motiviert. Die Schülerinnen und Schüler gucken dann über den Tellerrand, schauen sich die Mitbewerber an und bekommen langsam ein Feingefühl dafür, wo sie selber stehen. Die größte Motivation ist es, den Erfolg des eigenen Unternehmens wahrzunehmen. Und wenn es mal hakt, setzt man sich im Team zusammen und diskutiert die Problematik. Wenn der Erfolg sich erstmal einstellt, wird die Mühe der Jugendlichen auch belohnt.

Welche Wirkung hat die Teilnahme an den Projekten Ihrer Meinung nach auf die Teilnehmenden?

Ich bin der Meinung, dass die Schülerinnen und Schüler hier bereits während der Schulzeit Erfahrungen machen können, die für den späteren beruflichen Alltag sehr wertvoll sind. Der Blick über den Tellerrand macht sie neugierig und schärft ihre Sinne für das Leben nach der Schule.

Welche Lerneffekte können Sie bei Ihren Schülerinnen und Schülern konkret erkennen?

Neben den praxisnahen, wirtschaftlichen Zusammenhängen sind es vor allem Soft Skills, also die „weichen“ Fähigkeiten und sozialen Kompetenzen, die den Schülerinnen und Schüler in einer Schulfirma vermittelt werden – also Dinge wie Eigeninitiative, Teamgeist, Handlungs- und Entscheidungskompetenzen ... Ältere Schülerinnen und Schüler sind schon eher in der Lage, selbständig tätig zu werden, jüngere müssen noch ein bisschen angeleitet werden. Aber je länger die Projekte dauern, umso mehr ziehe ich mich zurück. Man hört ja immer wieder aus der Wirtschaft, dass Schülerinnen und Schülern wichtige Kompetenzen fehlen. Wir versuchen, auf diese Bedürfnisse einzugehen und die notwendigen Schlüsselqualifikationen zu vermitteln.

Screenshot der Webseite igs-schoolandcompany.de

Was sehen Sie als Herausforderung bei der Durchführung von Entrepreneurship Education-Projekten an der Schule?

An der Schule sind häufig Unterbrechungen durch Klausuren, Ferien, schulische Projekte ... Das gehört einfach dazu und muss zu Beginn eines Schuljahres terminlich abgeglichen werden. Da sind wir dann teilweise auch schon kollidiert, aber mit ein bisschen Übung und Erfahrung kriegt man das schon hin.

Warum ist Ihnen die Entwicklung von Unternehmergeist bei Schülerinnen und Schülern wichtig?

Ich bin ein großer Fan der „Neue Gründerzeit“ und mache mit meinen Schülerinnen und Schülern auch jedes Jahr bei der „Gründerwoche Deutschland“ mit. Deutschland hat eine gute Gründungskultur und Wege und Möglichkeiten geschaffen, den Unternehmergeist zu wecken und zu fördern. Jugendliche sollten so früh wie möglich an die Wirtschaftspraxis herangeführt werden, denn so werden die Weichen gestellt für die Unternehmerinnen und Unternehmer von morgen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Teilnahme z. B. an einer Schulfirma wie wir sie an unserer Schule umsetzen und die daraus resultierenden Erfahrungen den jungen Menschen für das spätere Berufsleben prägen.

Was motiviert Sie persönlich, Projekte im Bereich Entrepreneurship Education durchzuführen?

Egal welche Projekte wir durchführen, alle Schülerinnen und Schüler entwickeln sich in ihrer Persönlichkeit und stärken ihr Selbstbewusstsein durch die Erfahrungen, die sie in den Projekten machen. Einen jungen Menschen auf diesem Entwicklungsweg begleiten zu können, ist meine größte Motivation.

Würden Sie anderen Lehrkräften zu der Durchführung solcher Projekte raten?

Es ist auf jeden Fall ein Mehrgewinn für einen persönlich – das würde ich jeder Lehrperson und jedePreojektleitung mit auf den Weg geben. Wenn Sie mit den Schülerinnen und Schülern zum Beispiel zu einem Wettbewerb fahren und die gewinnen den auch noch, und können frei reden, besser als jeder Erwachsene, der da unten sitzt – da wird mir ganz warm ums Herz. Da sage ich: alles richtig gemacht. Das macht Spaß, es bleibt was hängen und es kommt auch was zurück. Ich finde auch, dass es für eine Lehrkraft wichtig ist, die Schülerinnen und Schüler mal neben dem regulären Unterricht in Projekten wahrzunehmen. Es sollte aber jedem klar sein, dass solche Projekte nicht ohne Mehraufwand funktionieren. Ich vertrete die Meinung: Nur wer selbst brennt für eine Sache, der hat große Chancen, die Jugendlichen für mehr Unternehmergeist begeistern zu können und bildlich gesehen zu entflammen.