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Aus der Praxis

Interview mit Prof. Dr. Nils Högsdal, Mitinitiator von JUGEND GRÜNDET

Prof. Dr. Nils Högsdal lehrt Corporate Finance und Entrepreneurship und ist Prorektor Innovation an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Im Rahmen seiner Lehre setzt er stark auf lernaktive Methoden wie Unternehmensplanspiele und entwickelt Blended Learning-Konzepte weiter, dafür erhielt er 2015 den Landeslehrpreis Baden-Württemberg. Als langjähriger Unternehmer und Führungskraft ist er in vielfältiger Art und Weise der Start-up-Welt verbunden. Er ist Juror u.a. für JUGEND GRÜNDET und den Landespreis für junge Unternehmen in Baden-Württemberg. Dazu kommen regelmäßige Reisen ins Silicon Valley und aktive Beteiligungen an Start-ups als Business Angel.

Porträt von Nils Högsdal

Das Gespräch wurde vom RKW Kompetenzzentrum durchgeführt.

Herr Prof. Dr. Högsdal, Sie sind Mitinitiator von JUGEND GRÜNDET und haben das Konzept mit entwickelt. Welche Kernideen stehen hinter Jugend gründet? Was macht Jugend gründet besonders?

Die Kernidee von JUGEND GRÜNDET ist, Entrepreneurship für Jugendliche erlebbar zu machen. Das galt bereits vor genau 20 Jahren, als das Konzept für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) entwickelt wurde. Gleichzeitig hat sich Jugend gründet inhaltlich weiterentwickelt. Neben dem spannenden didaktischen Konzept bildet Jugend gründet heute auch ein Netzwerk, welches in dieser Form einmalig ist.

Welche Lerneffekte können Sie bei Schülerinnen und Schülern beobachten, die an JUGEND GRÜNDET teilnehmen?

Dazu zählt das, was wir heute als Effectuation kennen. Jugendliche lernen, dass es keine festen Lösungen, wie z.B. in Mathe gibt, dass teilweise der Weg das Ziel ist, dass Unerwartetes neue Chancen eröffnet. Sie lernen auch, Partnerschaften einzugehen und vieles mehr. Wenige der Gewinner-Ideen von Jugend gründet wurden so von den Jugendlichen umgesetzt, aber über die Jahre hinweg sind sehr viele der Alumni heute unternehmerisch tätig.

Sie begleiten die Schülerinnen und Schüler bis ins Bundesfinale. Was macht für Sie als Juror ein JUGEND GRÜNDET Siegerteam aus?

Selten haben wir von Anfang an einen klaren Sieger. Fast alle Siegerteams lagen beim Zwischenfinale im vorderen Mittelfeld und haben sich so viel Feedback wie möglich von der Jury und den Mentorinnen und Mentoren geholt. Beim Finale sind sie dann drei Schritte weiter, einige Monate älter und vor allem weiterhin von ihrer Idee begeistert. Diese persönliche Entwicklung ist das, was Jugend gründet ausmacht.

Sie nehmen das Siegerteam jedes Jahr mit ins Silicon Valley. Was erleben die Schülerinnen und Schüler dort? Welche neuen Technologien und Ideen werden derzeit im Silicon Valley besonders intensiv von Start-ups vorangetrieben?

Unser Ziel ist, dem Gewinnerteam die Mentalität und Szene des Silicon Valley nahezubringen, und das vor allem, indem wir spannende Menschen treffen. Dahinter stehen dann immer Gründende mit ihren Start-ups, manche verschwinden, andere werden richtig groß: 2004 waren wir bei LinkedIn zu Besuch, als es noch eine gute Handvoll Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatte, 2008 bei Tesla in Menlo Park. Was mich besonders freut, ist, dass wir immer öfter auch Alumni von JUGEND GRÜNDET im Silicon Valley treffen – wie z.B. Björn Hermann und Michael Pollmann. Zu den Trends: Alles, was ich sage, ist vor dem Hintergrund der Corona-Krise vermutlich teilweise obsolet, aber Künstliche Intelligenz (KI) ist das, was fast allen Trends zugrunde liegt. Wir hatten letzten Herbst das Glück, den Sun-Gründer Andy von Bechtolsheim im Rahmen eines beeindruckenden Vortrags zu dem Thema zu erleben.

Können Ideen aus dem JUGEND GRÜNDET-Konzept allgemein auf den Regelunterricht an Schulen übertragen werden? Wie würde ein solcher Unterrichtsansatz aussehen?

Ich denke, dass Kreativität, Umgang mit Ungewissheit und Fähigkeit zu Innovationen der gemeinsame Nenner sind. Schülerinnen und Schüler lernen Methoden und Werkzeuge kennen und nutzen diese in eher offenen Aufgabenstellungen. Die Lehrenden wissen im Vorfeld nicht, was herauskommt und unterstützen die Schülerinnen und Schüler im Prozess. Das lässt sich auf viele Fächer übertragen (und es passiert ja auch) und führt dazu, dass aus dem weiterhin wichtigen Wissen auch Gestaltungskompetenzen werden.