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Aus der Praxis

Mit Jugend gründet hat man einen Werkzeugkasten.

Interview mit Garry Spanz, 24 Jahre, ehemaliger Teilnehmer und Sieger von Jugend gründet. Garry Spanz hat zwei Unternehmen gegründet: Ventureworks und Linksert.

Foto von Garry Spanz

Darum bin ich dabei: Ziele, Erfahrungen, Erfolgsfaktoren

  • Mein Selbstvertrauen und Mut, etwas auszuprobieren, hängen mit meinen Erfahrungen zusammen, die ich bei Jugend gründet gemacht habe.
  • Ich habe im Silicon Valley gesehen, dass Gründen funktioniert.
  • Dort habe ich erlebt, dass Gründer/-innen viel Spaß haben: ein großer Kontrast zu meinen Praktikumserfahrungen.
  • Man lernt in Entrepreneurship-Education-Projekten weitaus mehr, als man in der gleichen Zeit im Unterricht lernen kann.
  • Die sehr praxisnahen Kompetenzen sind Gold wert.
  • Die Teilnahme erfordert aber auch Zeit. Die muss man mitbringen.

Herr Spanz, wie würden Sie sich selbst beschreiben?

Ich präsentiere und verkaufe gern. Menschen für meine Ideen zu gewinnen mache ich am liebsten. Aber ich bin auch sehr detailbesessen und liebe Zahlen. Wahrscheinlich einer der Gründe, warum ich jetzt Finance studiere.

Ich habe gern die Kontrolle über Projekte. Folglich verantworte ich bei Ventureworks das Projektmanagement und Controlling. Bei den Webportalen und Apps, die wir auf den Markt gebracht haben, habe ich nie selbst eine Zeile Code geschrieben. Beide Start-ups, die ich gegründet habe, sind IT. Das zeigt, dass man das, was man verkauft, nicht unbedingt selbst bis in das letzte Detail kennen muss. Für die Programmierung habe ich meine Co-Gründer, die darauf extrem spezialisiert sind. Denen habe ich immer vollends vertraut. Und das hat sich bezahlt gemacht.

Im Grunde genommen – ich habe mich früher selbst nicht als Unternehmertyp gesehen. Das man doch das Selbstvertrauen findet und die Lust und den Mut etwas auszuprobieren, hängt bei mir stark mit den Erfahrungen zusammen, die ich bei meiner Teilnahme an Jugend gründet gemacht habe. Auch mein Freundeskreis hatte einen positiven Einfluss auf mich. Wie man sieht, kommt eins zum anderen. Und nun habe ich neben dem Studium schon zwei Firmen gegründet, die beide am Markt erfolgreich sind.

Sie haben gerade Jugend gründet erwähnt – welche Rolle hat Jugend gründet für Ihre späteren Unternehmensgründungen gespielt?

Da gibt es mehrere Einflüsse. Der Wesentliche war schlussendlich die Reise in das Silicon Valley und der Austausch mit den Gründern dort. Das war der Preis, den wir als Gesamtsieger bei Jugend gründet gewonnen hatten. Ich habe gesehen, dass Gründen funktioniert. Und ich habe erlebt, dass diese Leute dort extrem viel Spaß haben, an dem was sie machen und wie sie leben. Das war ein großer Kontrast zu einem Teil der Praktikumserfahrungen, die ich gemacht habe, wo die Lust am Arbeiten in den Unternehmen nicht so ausgeprägt war. Die Gründer, die ich in den USA kennengelernt habe, hatten meist den Ansatz: „Ja, wir starten etwas. Wir haben Lust einfach was zu probieren.“. Und aus dem kleinen Ansatz ist dann etwas richtig Großes geworden. Der Mut, sich einfach mal hinzusetzen und sich überhaupt einmal Gedanken zu machen, reicht wahrscheinlich schon aus, um am Ende dann mit einem Unternehmen darzustehen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Bestätigung, die man durch Jugend gründet erfährt. Wenn man sich lange Zeit mit einer Idee auseinandersetzt, sie ausarbeitet, sie vorstellt und dann dafür prämiert wird. Experten aus der Wirtschaft sagen einem: „Ja, Euer Konzept kann funktionieren.“. Ich sehe es seitdem so: Eigentlich muss man nur ein Problem erkennen, was kein anderer im Moment löst. Man muss die Antwort nicht selbst haben. Man läuft einfach los und holt sich die Leute, die es lösen können.

Jugend gründet hat auch mit dazu beigetragen, dass ich überhaupt angefangen habe BWL zu studieren. Ursprünglich war ich gespalten zwischen Naturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Das war bei mir bis zwei Jahre vor dem Abitur so. In der 12. Klasse habe ich dann an Jugend gründet teilgenommen und auch noch am Wettbewerb Jugend und Wirtschaft von der FAZ. Da beide Wettbewerbe erfolgreich ausgegangen sind und mir die Wirtschaftsthemen viel Spaß gemacht haben, dachte ich mir – „Wieso nicht auch gleich studieren?“.

Würden Sie sagen, dass Sie durch die Teilnahme an Jugend gründet neue Seiten oder Talente an sich entdeckt haben?

Es war für mich eine komplett neue Erfahrung. Weil es eine einjährige Projektarbeit war, in einem sehr intensiven Maß und in enger Teamarbeit. Wir waren damals vier Leute im Team. Ich kann mich daran erinnern, dass wir viele Stunden zusammen verbracht haben. Der Wettbewerb ist in mehrere Phasen eingeteilt. Mit gewissen Deadlines. Man erarbeitet einen Businessplan, verfasst Konzepte, kalkuliert alles durch und erstellt eine Präsentation.

Schlussendlich haben sich meine Unternehmensgründungen nicht entscheidend von diesem Ansatz unterschieden. Das heißt, man startet, indem man sich trifft und überlegt, was die Ziele sind. Dann setzt man sich viele Wochen sehr intensiv im Team hin und arbeitet Businesspläne und Konzepte aus, rechnet alles durch, macht Machbarkeitsanalysen. Die Erfahrung bei Jugend gründet ist sehr realitätsnah. Mit Jugend gründet hat man einen Werkzeugkasten, auf den man zurückgreifen kann, wenn die geeignete Idee und der richtige Zeitpunkt für deren Umsetzung da ist.

Haben Sie durch die Teilnahme an Jugend gründet neue Kompetenzen entwickelt?

Ja, mehrere. Die eine ist das Business-Modeling. Das wird in der Schule sonst nicht gelehrt. Hier geht es um Fragen wie: Wie gehe ich an das Problem heran? Welche Aspekte muss ich bedenken? Wie kann man es strukturieren? Welche Methoden gibt es dafür?

Wir haben auch unterschiedliche Brainstorming-Techniken ausprobiert, zu denen uns unser Lehrer-Coach Herr Rauh damals ermuntert hatte. Das waren tolle Techniken, die wende ich nach wie vor an. Darüber hinaus die Teamkompetenz. Über einen langen Zeitraum an einer komplexen Aufgabe in der Gruppe arbeitsteilig zu arbeiten. Das war etwas, was ich in dem Ausmaß im Schulunterricht nicht erlebt hatte.

In der späteren Phase des Wettbewerbs kamen Themen wie z. B. Finanzplanung hinzu. Durch das BWL-Studium kenne ich inzwischen weitreichendere Methoden. Aber wenn ich damals direkt aus der Schule heraus hätte gründen wollen, hätte mir das geholfen.

Und am Ende des Wettbewerbs, die Präsentationen vor der Jury. Jugend gründet ist wie eine Messe konzipiert. Man hat dann schlussendlich einen Stand, wo man seine Unternehmensidee darstellen muss. Dadurch entwickelt man Präsentations- und Verkaufskompetenz.

Würden Sie Schülerinnen und Schülern empfehlen, an Entrepreneurship-Education-Projekten teilzunehmen?

Sofort. Man lernt dort weitaus mehr, als man in der gleichen Zeit im Unterricht lernen kann. Ich würde es aufgrund der sehr praxisnahen „Hands-on-Experience“ empfehlen. Es ist halt ein ganz anderes Setting, als in der Klasse zu sitzen.

Man lernt dabei sehr viel und kommt in Berührung mit Unternehmen. Wir haben damals bei Jugend gründet eine Idee im Energiesektor entwickelt und über die haben wir mit Experten aus Energieunternehmen geredet. Das hat mir auch ein bisschen beigebracht, wie man kommunizieren muss: Wie schreibt man eine anständige E-Mail? Wie schreibt man einen anständigen Brief? Was muss man tun, um eine Antwort zu bekommen? Das sind alles sehr praxisnahe Kompetenzen und die waren am Ende Gold wert. Ebenso wie die Bindung unter den ehemaligen Jugend-gründet-Teilnehmern – das ist wie eine Alumni-Gemeinschaft.

Die Teilnahme erfordert aber auch Zeit, die man mitbringen können muss. Wenn jemand größere Probleme mit der Leistung in der Schule hat, dann kann so ein Wettbewerb kontraproduktiv sein. Weil man eventuell so viel Spaß dran hat, dass man dann komplett die Schule vernachlässigt.