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Aus der Praxis

Am Ariadnefaden bis zum Minotaurus

Interview mit Walter Rößler, Lateinlehrer am Gymnasium und Internat Landschulheim Schloss Ising. Er hat mit seinem Latein-P-Seminar die Schülerfirma „Filum Rubidum“ gegründet, zu Deutsch: der rote Faden. An diesem roten Faden entlang haben die Jugendlichen ein Computerspiel entwickelt.

Foto von W. Rößler

Interview mit M. Rössler

Herr Rößler, Sie haben mit Ihren Schülerinnen und Schülern im Fach Latein eine Schülerfirma gegründet. Das ist ungewöhnlich. Wie sind Sie darauf gekommen?

Rößler: Ja, aus der Erfahrung heraus, dass es halt doch Defizite gibt und auch mangelnde Motivation, sich für das Fach zu engagieren. Und es auch gute Schüler gibt, die erfolgreich sind, die praktisch in der Lage sind, Aufgaben zu entwerfen, um anderen Schülern zu helfen.

Diese guten Schüler haben ein Computerspiel entworfen: Filum Rubidum, der rote Faden. Es geht darum, dass man als griechischer Held Theseus Abenteuer besteht und übersteht. Wie funktioniert das genau?

Rößler: Wir machen ein Computerspiel, wo ein Schüler Punkte sammelt bei den Aufgaben, die er bewältigt, und mit diesen Punkten kann er dann entweder als Theseus seine Rüstung verbessern, und außerdem kann er sich Freiheiten erwerben, um im Labyrinth des Minos voranzuschreiten, seinen Weg zu finden entlang eines roten Fadens, den ihm Ariadne mit auf den Weg gegeben hat, letztlich vorzudringen zu Minotaurus, dann eben einen Kampf zu kämpfen und dieses Ungeheuer zu besiegen.

Wie kann man denn als Spieler, also als Theseus, in diesem Computerspiel Punkte sammeln?

Rößler: Die Aufgaben sind eben zum Beispiel, dass er mit einer Armbrust Luftballons abschießen muss. Und dadurch sammelt er Punkte, die dann eben diese Freiheiten oder diese Verbesserungsmöglichkeiten seiner Verteidigungsstrategie bieten.

Aber das ist ja nicht alles. Die Schülerin oder der Schüler soll es ja auch mit der lateinischen Sprache zu tun bekommen. Und das passiert ja vor allem dann, wenn sie oder er im Labyrinth des Minotaurus in eine Sackgasse gerät. Wie kommt man da wieder raus?

Rößler: Indem ich hier arbeiten muss. Es werden zu den Grammatikschwerpunkten, zum Beispiel ACI, bestimmte Aufgaben gestellt. Die werden von dem Schüler angewählt, ausgewählt, passend zu dem Stoff, den er gerade wiederholen möchte. Er sucht sich also seine Schwerpunkte, wo er noch etwas Nachholbedarf hat, und diese Aufgaben löst er dann, bekommt dadurch eine Punktzahl zugewiesen, und je nach Punktzahl hat er dann Möglichkeiten, im Labyrinth voranzuschreiten bzw. sich zu wappnen für den abschließenden Kampf mit dem Minotaurus.

Dieses Computerspiel hat eine Schülerfirma entwickelt. Können Sie etwas über diese Firma sagen? Wer steckt dahinter? Und in welchem Rahmen passiert das?

Rößler: Das ist am Gymnasium im Rahmen eines P-Seminars, was von 10 Schülern gewählt wurde. Und so haben wir also uns konstituiert als JUNIOR-Unternehmen, als Aktiengesellschaft, haben Aktionäre gewonnen, die bereit waren, uns 10 Euro Kapital zur Verfügung zu stellen, und sind jetzt eben dabei, die Software schon zu testen, und wir werden am Schuljahresanfang dann veröffentlichen, Sammelbestellungen in unserer Schule aufnehmen und dieses Computerspiel verkaufen um das Grundkapital zu vermehren.

Wer ist Ihre Zielgruppe?

Rößler: Zielgruppe sind Schüler ab der 7. Klasse Gymnasium.

Es gibt ja viele hochprofessionelle Software-Angebote für Schüler. Sind Sie sicher, dass Sie gegen die Konkurrenz eine Chance haben?

Rößler: Ja, es gibt ja Übungs-Software von renommierten Verlagen, die aber eben noch nicht so eine große Kreativität entfaltet haben, um Schüler wirklich zu begeistern. Es sind einfach Übungen, die man macht, so wie in einem Latein-Lehrbuch. Aber die Kreativität ist da noch nicht so, also das Spielerische fehlt letztlich, und diese Marktschiene haben wir für uns entdeckt.

Wie passen denn für Sie Latein und ökonomische Bildung zusammen?

Rößler: Wir haben unterschiedliche Abteilungen in dem Unternehmen, sodass also sowohl die wenigen, die sprachlich sehr gut sind, hier ihr Wissen und ihre Kompetenz einbringen können, als auch der Informatiker, der sich mit dem Programm Access auseinandergesetzt und sich da eingearbeitet hat, dass er fähig war, unser Spiel zu programmieren, selber zu schreiben. Dann diejenigen, die jetzt ihre Extrovertiertheit, ihre Kontakte spielen lassen und das Produkt vermarkten, und diejenigen, die grafisch sehr versiert sind, die die Zeichnungen gemacht haben, sodass also wirklich etwas los ist und es einen interaktiven Charakter hat, dieses Spiel.