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Aus der Praxis

Worin wir uns alle weiterentwickelt haben, ist die Teamfähigkeit.

Interview mit Pamela Hochreither, Albert-Schweitzer-Gymnasium Dillingen; Vorstandsvorsitzende der Schülerfirma Saar Voyage, IW JUNIOR; Sieger beim IW JUNIOR Landeswettbewerb Saarland 2014.

Foto von Pamela Hochreither

Darum bin ich dabei: Ziele, Erfahrungen, Erfolgsfaktoren

  • In unserer Schülerfirma hatte ich die Rolle der Vorstandsvorsitzenden. Es lag in meiner Verantwortung, den Überblick über alles zu behalten.
  • Durch die Präsentationen, die wir gehalten haben, ist mir bewusst geworden, dass ich kein Problem damit habe, vor Leuten zu sprechen.
  • Für mich als Vorstand war die Mitarbeiterführung ein Punkt, den ich kennenlernen durfte. Das lernt man sonst in der Schule gar nicht.
  • Teilweise waren uns Sachverhalte aus dem Wirtschaftsunterricht bekannt, man konnte sie aber nie so praxisnah erfahren wie hier.
  • Man lernt mehr als im Schulalltag.

Was war die Geschäftsidee für eure JUNIOR-Schülerfirma?

Unsere Idee war, für das Saarland und die Umgebung einen Familienreiseführer zu erstellen. Es gibt zwar ein großes Angebot an Reiseführern, aber keine speziell für Kinder. Eine Marktlücke, die wir genutzt haben. Für die Findung der Produktidee haben wir uns sehr viel Zeit genommen. Um sicherzugehen, wirklich die richtige zu wählen. Eine sehr wichtige Weichenstellung, die jede Schülerfirma gleich anfangs vorzunehmen hat. Ein weiterer langer Prozess war die Namensfindung für unseren Kinderreiseführer. Den Titel haben wir nach und nach verbessert. Der Endname lautet „Auf Saarfari mit Onkel Albert“. „Saarfari“, dieses Wortspiel wird mit „Saar“ geschrieben, um den Bezug zum Saarland zu verdeutlichen. Unser Motto wird direkt im Titel dargestellt – es geht um eine Entdeckungsreise. Und „Onkel Albert“ steht für den Namenspatron unserer Schule – Albert-Schweitzer-Gymnasium Dillingen. Den Namen unserer Schülerfirma haben wir passend zum Produkt gewählt: „Saar Voyage“. Das steht im direkten Bezug zum Saarland, aber auch für die Nähe zu Frankreich.

Wie seid ihr über das Jahr vorgegangen, von der ersten Idee bis hin zum fertigen Produkt?

Der erste Schritt war, Anteilsscheine im Wert von jeweils 10 Euro zu verkaufen – so sind wir zu unserem Startkapital gekommen. Die Anteilsscheine sind vergleichbar mit einer Aktie. Wir haben sie teilweise an Eltern verkauft, aber auch an Lehrer. Und jeder von uns neun aus der Schülerfirma hat einen erworben. Danach haben wir einen Fragebogen entwickelt und eine Studie bei der Unterstufe unserer Schule durchgeführt. Dabei sind ca. 60 Ausflugsziele rausgekommen, die sowohl Kindern als auch Eltern gut gefallen. Im Team haben wir die Vorschläge diskutiert und die 40 besten ausgewählt. Die zu erstellenden Texte haben wir gerecht unter uns aufgeteilt. Das Bildmaterial wurde uns direkt von den jeweiligen Betreibern der Attraktionen zugesendet. Wegen der Bildrechte kann man sich die ja nicht einfach aus dem Netz ziehen. Unser Wirtschaftspate, eine IT-Firma aus Saarbrücken, hat unserer Technikabteilung bei der Erstellung unseres Layouts geholfen. Wir haben die Texte in das Layout eingepflegt und das Buch ging in den Druck. Um den Druck zu finanzieren, wurde ein Vorverkauf durchgeführt, da konnten wir 80 Büchergutscheine absetzen. Die erste Auflage von 200 Büchern ist über die Vorbestellungen und Schulveranstaltungen rasch weggegangen. Anlässlich der Schülerfirmenmesse in Neunkirchen ließen wir eine weitere Auflage drucken. Ein Teil der Exemplare ging dort weg. Den Rest haben wir an Schüler und Lehrer unserer Schule verkauft sowie an Freunde und Verwandte. Zusätzlich haben wir auch einen Verkauf an Grundschulen gestartet.

Habt ihr im Team unterschiedliche Rollen eingenommen?

In unserer Schülerfirma hatte ich die Rolle der Vorstandsvorsitzenden inne und habe mich um die Aufgabenverteilung gekümmert sowie die Zeitpläne erstellt. Es lag in meiner Verantwortung, den Überblick über alles zu behalten. Die Firma hat vier Abteilungen. Einmal die Technik. Die haben das Layout erstellt und mussten sich dafür in die gängigen Grafikprogramme einarbeiten. Das Marketingkonzept, inklusive der Corporate Identity, sowie die Preispolitik hat die Marketingabteilung übernommen. Die Gewinn- und Verlustrechnungen und monatlichen Bilanzberichte wurden in unserem Finanzbereich erstellt. Unsere Verwaltungsabteilung hat über jeden Monat Protokolle erstellt, die bei JUNIOR hochgeladen wurden.

Hattet ihr Unterstützung von Mentoren?

Wir haben uns im Rahmen des Regelunterrichts im Seminarfach für JUNIOR entschieden. Unser Lehrer Patrick Schindler hat uns durch das Seminarfach begleitet. Weiter hatten wir unseren Wirtschaftspaten, eine IT-Firma aus Saarbrücken. Die Mitarbeiter waren wirklich engagiert und haben uns Sachen erklärt, wenn wir etwas nicht wussten. Und die Tourismuszentrale des Saarlandes hat uns Tipps gegeben, wie wir das ganze gestalten können. Unser Reiseführer wird nun auch in deren Onlineshop angeboten.

Wie habt ihr das Wissen, welches ihr für die Schülerfirma benötigt habt, erlangt?

Im Regelunterricht haben vier von uns Wirtschaft als Neigungsfach gewählt und hatten dementsprechend schon Vorkenntnisse. JUNIOR hat auch einiges angeboten. Zum einen eine Veranstaltung, wo den einzelnen Abteilungen unserer Schülerfirma erklärt worden ist, wie das Ganze abläuft. Zusätzlich haben wir uns bei JUNIOR intensiv im Onlineangebot eingelesen. Unser Lehrer hat schon viele Schülerfirmen begleitet und konnte uns dementsprechend gute Informationen geben. Und ALWIS unterstützt JUNIOR im Saarland. Ein Beispiel, was ich nennen kann: ALWIS veranstaltet in jedem Jahr ein Sommercamp und brauchte noch Geschenke für Referenten und hat uns dafür 15 Bücher abgekauft.

Wie habt ihr euch auf den Entscheid, wer dieses Jahr für das Saarland im JUNIOR Bundeswettbewerb ins Rennen geht, vorbereitet?

Wir haben uns sehr gründlich vorbereitet und überlegt, wie wir am besten und einprägsamsten auftreten, sodass man uns sofort erkennt. Die Corporate Identity war uns sehr wichtig. Wir haben uns nach dem Motto Safari gekleidet. Alle mit Safarihut, Fernglas, einer beigen Chinohose und dem gleichen T-Shirt. Den Stand haben wir dementsprechend in die gleiche Richtung gestaltet. Mit einem aufblasbaren Affen und einer Palme, damit es einladend für Kinder wirkt. Unsere Zielgruppe sind ja vor allem Kinder. Ein ganz wichtiger Punkt war unsere Bühnen-Präsentation. Die hatten der Chef der Marketing-Abteilung und ich übernommen. Ein Präsentationscoach des Wirtschaftspaten hat Tipps zur Verbesserung unserer Vorträge gegeben. Wir haben auch ein Werbevideo erstellt. Dafür sind wir zu verschiedenen Attraktionen gefahren – haben alles selbst gefilmt, geschnitten und zusammengestellt. Die Schülerfirmenmesse in Neunkirchen erwies sich als gute Vorbereitung auf den Landeswettbewerb. Da haben wir gelernt, wie wir uns präsentieren. Auf der Messe haben wir den Preis für den besten Stand gewonnen.

Hast du dich durch die Teilnahme an JUNIOR persönlich weiterentwickelt?

Ich habe festgestellt, dass mir Dinge zu organisieren gut liegt. Ich könnte mir vorstellen, beruflich im Management zu arbeiten. Durch die Präsentationen, die wir gehalten haben, ist mir bewusst geworden, dass ich kein Problem damit habe, vor Leuten zu sprechen. Das war ja eine viel größere Gruppe von Menschen, als bei Referaten vor der Schulklasse. Meine Vortragsfähigkeiten haben sich durch den Präsentationscoach verbessert. Für mich als Vorstand war die Mitarbeiterführung ein Punkt, den ich kennenlernen durfte und in dem ich mich verbessern konnte. Das lernt man sonst in der Schule gar nicht. Worin wir uns alle weiterentwickelt haben, ist die Teamfähigkeit.

Gab es in dem Projekt Schwierigkeiten? Wie habt ihr die Probleme gelöst?

Größere Schwierigkeiten traten nicht auf. Allerdings gab es, bevor wir das Buch in den Druck gegeben hatten, eine relativ stressige Phase, da wir den Reiseführer zu der Messe in Neunkirchen fertig haben mussten. Diesen Zeitmangel konnten wir nur durch eine Verteilung der Aufgaben lösen. Katharina Dietze, die das Layout gemacht hat, hatte in der Phase sehr viel zu tun. Auf das Gesamtjahr betrachtet war es von den Arbeitsaufgaben zwischen uns allen aber fair und ausgeglichen.

Habt ihr Sachen gelernt, die der Unterricht nicht hergibt?

Teilweise waren uns Sachverhalte aus dem Wirtschaftsunterricht bekannt, man konnte sie aber nie so praxisnah erfahren wie hier. Gerade die Finanzabteilung – als Schüler am Gymnasium erstellt man ja keine Bilanzen oder keine Gewinn- und Verlustrechnung – hat sehr viel gelernt. Wir alle lernten, wie wichtig die Corporate Identity für ein Unternehmen ist. Und generell das Thema Preispolitik. Das ist auch ein Punkt, der in der Schule so nicht vorkommt. Zum Beispiel haben wir großen Kunden Rabatt gegeben.

Würdest Du anderen Schülern raten, bei Entrepreneurship-Education-Projekten mitzumachen?

Auf jeden Fall. Man lernt mehr als im Schulalltag und kann schon erste Kontakte in der Berufswelt knüpfen. Und wenn Schüler vorhaben, später eventuell selbstständig zu werden, sammeln sie dazu schon viele Erfahrungen.