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Aus der Praxis

Stadt macht satt – ernte die Stadt

Jede Menge Lebensmittel landen tagtäglich auf den Müll, obwohl sie einwandfrei sind: beispielsweise Karotten, die auf dem Acker bleiben, weil sie nicht den Topmodel-Maßen für Karotten entsprechen. Oder Obst und Gemüse, das beim Biomarkt nebenan wegen kleiner Schönheitsfehler aussortiert wird. Oder das Brot vom Vortag, das der Bäcker nicht mehr verkauft bekommt. Ganz zu schweigen von hochwertigen Nutzpflanzen aus der Stadtnatur, die kaum jemand bemerkt und würdigt: Stadtbienenhonig, Holunderblüten oder Waldmeister. Allesamt Ressourcen, die im Schatten der Überflussgesellschaft links liegen gelassen werden.

Mädchen bereitet Backäpfel auf einem Backblech vor BildVergroessern

© Stadt macht satt

Diese Erfahrung und der verbreitete gedankenlose Umgang mit Nahrungsmitteln brachte die Künstlerin und Kulturmanagerin Anja Fiedler auf die Projektidee von „Stadt macht satt“. Immer dann, wenn Sie nun von Teilnehmern oder Betreuern bestehender Schülercateringfirmen eingeladen wird, macht sie sich mit den Schülerinnen und Schülern auf die Suche nach ungenutztem Essbarem, und zwar in einem Radius von nur rund 500 Metern um die Schule herum. Aus den hochwertigen Zutaten bereiten die Jugendlichen dann Pausensnacks zu, die sie auf dem Schulhof verkaufen.

Ziel des Projekts sei, so Anja Fiedler, aus herkömmlichen Schülercateringfirmen soziale Unternehmen zu machen, die ökologisch und sozial verträglich denken und wirtschaften. „Die Jugendlichen gehen mit mir auf Entdeckungsreise und lernen dabei die Mechanismen unserer gegenwärtigen Überflussgesellschaft kennen, sie lernen dabei gleichzeitig auch, diese positiv zu nutzen. Nach dem Stadt-macht-satt-Motto `Mit Essen Gutes für sich, für andere und die Zukunft tun und damit Geld verdienen` erfahren sie, wie ein nachhaltiges Unternehmensmodell aussehen kann, das auf ökologischen und sozialen Werten basiert und trotzdem guten Gewinn macht.“

Zwar erlaubt die günstige „Beschaffung“ der Lebensmittel, die zubereiteten Gerichte zu einem günstigen Preis anzubieten. „Zu einem Preis eben“, sagt Anja Fiedler, „den sich jeder leisten kann. Aber wir erzielen trotzdem höhere Gewinne, als wenn die Schüler vorher billig eingekauft und teurer verkauft hätten. Die Gewinne müssen die Schülerfirmen zum Teil reinvestieren, um das Unternehmen noch sozialer und nachhaltiger werden zu lassen.“

Ein wichtiger Baustein der Geschäftsidee ist dabei die besondere Art zu kochen. Anja Fiedler: „Wir müssen kreativ sein, denn wir wissen ja nie, welche Lebensmittel wir bekommen. Wir müssen also meistens mit abgewandelten Rezepten oder ganz ohne Rezept arbeiten. Und wir orientieren uns dabei am Kochen aus Großmutters Zeiten: Da wurde nichts weggeworfen, es gab für alles für alles noch eine Verwendung in der Küche.“

Apropos Verwendung: Ein weiterer Baustein von „Stadt macht satt“ ist, in Stadtgärten z. B. frische Kräuter selbst zu prozieren. „Und dabei zu erfahren“, so Anja Fiedler, „wie viel Erde, Wasser, Zeit und Mühe in jedem Nahrungsmittel stecken. Da fällt das Wegwerfen gleich schwerer, und man bekommt ein Gefühl dafür, wie wertvoll gute Lebensmittel sind. Wir alle essen mehrmals täglich, ohne uns über die Produktion Gedanken zu machen.“

Der Grundgedanke von „Stadt macht satt“ ließe sich dabei, so Anja Fiedler, leicht auf andere unternehmerische Bereiche übertragen. „Es muss nicht Essen sein. Man kann überall ungenutzte Ressourcen entdecken, die man mit kreativen Ideen zu ähnlichen Geschäftsidee entwickeln kann. Um die Ecke denken kann erfolgreicher sein, als das zu tun, was alle tun.“

Weitere Informationen: stadtmachtsatt.anja-fiedler.de

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